HOLE IN ONE

HOLE IN ONE
HOLE IN ONE am 26.05.2011 um 15:25 Bahn 7

Sonntag, 9. Mai 2010

Consummatum est

Ist lateinisch (Ach?) und heisst: 'Es ist vollbracht'
Ich wollte über den Winter, wenn das Golf spielen nicht so dolle ist im Schnee etwas zu tun haben hinterm Ofen und hab mir gedacht, mach ich doch mal wieder ein Stickbild. Schön groß, der Winter ist ja lang.
Gesagt getan. Doch was? Da konnte mir geholfen werden, es gab ein Programm, wo man für 5€ ein Bild nach Wahl konvertieren konnte.
Ich hab alle Einstellungen gemacht und ein Bild erhalten, das aus 60.000 kleinen Bildchen bestand. Dazu noch ein Code zu jeder Farbe. Pro Pixel ist das natürlich ein Kreuzstich.
Ich bestellte mir Stickgarn und die Stickunterlage und dann gings auch schon los mit der wilden Stickerei. Wir schrieben den 20. November 2009.
Es ging zügig voran, ich machte viel blaue Nachthimmelstellen. Da geht was. Dann großflächig gelbe Stellen.
Im Dezember folgte viel Orange und zum ersten mal die Erkenntnis: EIN FEHLER!!!. Hmpf. Hab ich schon vor über 2 Wochen gemacht. Auftrennen kommt ja mal überhaupt nicht in Frage. Den Fehler muss ich irgendwie ausbügeln. Dass mich der Fehler aber bis zum heutigen Tag verfolgt, hätt ich so nicht gedacht. Immer wieder bin ich natürlich drauf gestoßen, weil eine Fläche von 15x15 cm um eine Reihe falsch lag.
Es kam Weihnachten, es kam Neujahr, es kam der Fasching und ich stickte, wann immer ich Zeit hatte. Und schon lange war mir klar, dass das eine Monsterarbeit wird. Ich hätt die Arbeitsstunden zählen sollen, aber ich schätz, es waren über 600 Stunden.
Ich stickte eigentlich überall. Stand ich mit dem Auto im Stau, wurde das Stickzeug ausgepackt. Wenn ich mit Kerstin auf Kundenbesuch war, stickte ich in der Zeit, die sie beim Kunden verbrachte im Auto.
Ich stickte im Café, im Zug. Mal von meinem Plan, mal direkt am PC, wo die Pixel leichter zu erkennen waren und man auch seitenweise scrollen konnte und nicht lang umständlich Blätter umdrehen musste.
Mit der Zeit hab ich mich auch professioneller auagerüstet.
Da kam eine große Schachtel mit vielen Fächern dazu und Kunststoffteile, wo man die Fäden drum rum wickeln konnte. Eine Lupe gabs auch noch, aber so schlecht seh ich dann auch nicht.
Interessant ist, was für Emotionen da während dem halbjährigen Stickerlebnis hoch kommen. Zunächst floriert das Geschäft mit der Stickerei. Reihe um Reihe gehts voran. Der Rekord war ein Tag, an dem ich 25 Meter Garn verstickt habe. Ein Stich benötigt immer so 5 mm Faden. Also doch ein paar Stiche geschafft.
Dann nach 5 Wochen stellte ich auch fest, dass ich den Anfang viel zu weit links angesetzt habe. Mit erschrocke aufgerissenen Augen zählte ich die Stiche, ob ich überhaupt alles auf die Unterlage bringe. Es war sauknapp. Auf dem Bild kann man auch erkennen, wie eng es war. Gerade mal 10 Stiche hatte ich noch links Luft. Das wär äusserst blöd gewesen.
Merken: Nächstes mal sorgfältiger VOR der Arbeit zählen.
Nachdem ich wochenlang so vor mich hinstickte, fiel die Laune auch mal sauber in den Keller, als ich die Vorlage studierte und immer wieder nachzählte und fest stellte, dass ich eben den Fehler auf einer Seite gemacht habe. Da lässt du erstmal die Nadel im Schoß liegen und überlegst, was du jetzt machst. Aber mit viel Ausbesserarbeit hab ich das ganz gut hingekriegt.
Aber es blieb auch nicht bei einem Fehler, später gesellte sich noch ein Fehler hinzu. Da bist du kurz am zweifeln und verzweifeln. Aber aufgeben hätt ich niemals gekonnt. Ne, trotz allem hats immer wieder Spaß gemacht und es hat ja auch was meditatives stundenlang vor dem Bild zu sitzen und Stich für Stich dem Ziel näher zu kommen.
Als ich an die Stelle kam, wo das eigentliche Leben des Cafés tobte, wurde es ganz übel. Wenn man sich das Bild ansieht, dann ist der Kellner noch die einfachere Sache. Die ganzen Gäste zu sticken, das macht dich wahnsinnig.
Oft hab ich aussen rum gestickt, wo man noch merkte, dass man voran kam. Aber nützt ja nix, es mussten auch die Kleinigkeiten gestickt werden. Und das sind Tage, an denen du 100 mal den Faden wechselst und du überhaupt keinen Fortschritt siehst. Da muss man sich immer wieder dazu zwingen, dieses Gefrett anzugehen. Aber nach 2 Tagen hab ich immer wieder leichtere Regionen aufgesucht. Ich glaub, sonst hätt ich das Teil mal ins Eck gepfeffert.
Aber das Ende kam nach und nach näher. Ich hatte auch ein besseres System und stickte stur Seite für Seite. Ungeachtet dessen, dass die gleiche Farbe direkt auf der nächsten Seite weiter ginge. Ich glaub, so stickt man wesentlich besser und Fehler werden auch schneller erkannt. Merken fürs nächste Bild. :-) Denn mit dem Sticken ist es wohl so ähnlich wie mit Schwangeren, die nach der Geburt sich plötzlic so leer fühlen. So gehts mir auch. Ich bin fertig mit dem Bild und hab ja jetzt gar nix mehr zu sticken?! Hülfe.
Die letzten Tage waren noch schwer. So hatte ich noch etwa 300 Stiche zu machen und brauchte dafür alleine rund 18 Stunden. Kaum mal 5 Stiche mit der gleichen Farbe am Stück. Immer wieder die gleiche Prozeudur. Vorlage studieren, Faden aus der Schachtel nehmen, abrollen, Faden abschlecken, in die Nadel rein damit, auf der Rückseite des Bildes vernähen, Bild umdrehen, 1 - 2 - 3 Kreuzstiche machen, umdrehen, vernähen, Faden aus der Nadel, aufwickeln, in die Schachtel zurück legen, Vorlage studieren und dann von vorne.
Gestern war der finale Tag und ich hab 7 Stunden an meinem Bild gearbeitet und kaum einmal hochgeschaut. Ich wollte fertig werden. Die paar Stiche - 100 an der Zahl, das krieg ich doch schnell hin. Aber von wegen. Es war unglaublich viel Arbeit.
Dann um 3:45 Uhr in der Früh legte ich - Fast hatte ich Tränen in den Augen - die Arbeit über den Computermonitor, rollte mit dem Stuhl 5 Meter weg und betrachtete mein Werk und schüttelte nur ungläubig den Kopf.
Nur einen einzigen Stich hab ich übrig gelassen.
Heute Mittag hab ich dann in unserem Garten mein Stickbild genommen, es Kerstin gezeigt und gesagt, mach ma Foto.
FERTIG? Isses FERTIG?
Nöööö, fehlt noch ein Stich. *breitgrins*
Ich setzte mich in unseren Garten und machte mit der Farbe mit der Nummer 3853 'Copper' den allerletzten Stich und dann war es vollbracht.
Fertig
Geschafft
Erledigt

Und jetzt?

Nach dem Stickbild ist vor dem Stickbild. Aber mit Sicherheit nicht mehr mit 60.000 Stichen. Ich glaub, das wär nix für die geistige Gesundheit.

Der Stitchmaster macht eine kurze schöpferische Pause

Für alle, die nicht auf Kerstins Blog waren, hier nochmal die Bilder dazu.



4 Kommentare:

Hase hat gesagt…

Ja, das war wirklich nochmal einen eigenen Blogeintrag wert!!
25 Meter Garn an einem Tag - ja spinn ich denn!! ;-)
Toll geschrieben!

Silke hat gesagt…

der Wahnsinn, niemals hätte ich die Geduld dazu :-)mieses

Anonym hat gesagt…

Waaaahnsinn! Ich gratuliere Dir, Charly, das ist mehr als toll! Und niemand kann dir (vielleicht) besser nachfühlen, wieviel Kraft so ein Riesenwerk über viele, viele Wochen kostet und auch manchmal (ungeweinte und geweinte) Tränen. Jeder hätte verstanden, wenn Du's in die Ecke geknallt hättest.
Ich bin sowas von stolz auf Dich.
Das ist einfach nur gigantisch!
Hasenmama

Charly hat gesagt…

Scho der Wahnsinn, ja.
Die Kerstin hat das Bild jetzt in einen Rahmen getan :-)
Schööööön.
Bloß a bissal linkslastig :o)
Ja mei.

Renate, ich glaub du kannst das nachempfinden. Da bin ich mir sicher :-)
Aber am Schluß ist man stolz auf sein Werk.