Alle 5 Minuten kommt die Treppe und ich sage dir, das ist ungesund, wenn etwas Indoormarathon heisst und der Läufer im Treppenhaus verschwindet. (kapiert man nur als EOC-Hörer) :-)
Gestern war der Indoormarathon in Nürnberg. Und wer kennt ihn nicht? Die meisten, wohl.
Man ist geschützt von Wind und Wetter, da kann es draussen regnen wie es will.
Die LGA hat zum fünften mal diesen Indoormarathon durchgeführt und wenn etwas Indoor heisst, dann kann man sich denken, dass die Strecke nicht auf 42,2 km überdacht ist. Nö. Es wurde durch die Bürogänge gelaufen. Das heisst 200 Meter geradeaus, eine 90° Kurve, eine Wende um den Fahrstuhl, wo viele Zuschauer standen, dann 200 Meter geradeaus, rein ins Treppenhaus, 22 Stufen hinunter und dann 200 Meter den Gang entlang, vorbei an der Versorgungsstelle, 90° Kurve und nach weiteren 200 Metern wieder ins Treppenhaus um 22 Stufen nach oben zu erklimmen. Tja, insgesamt waren das 800 Meter und wenn wir jetzt den Taschenrechner bemühen, heisst das, 55x die gleiche Runde gemacht, 1210 Stufen nach unten, 1210 Stufen nach oben.
Ich bin mit Kerstin in aller Früh auf leeren Straßen nach Nürnberg gefahren. Und nachdem es ja nur ein limitiertes Läuferfeld gab, gabs auch massig Parkplätze vor der Haustüre. Das war nicht schlecht. Nach dem Erhalt von 2 Startnummern, für vorne und hinten und nach einigen Werbegeschenken warteten wir auf den Start.
Prominenz war auch zugegen, der Martin Othmer von Bayern 3 war der Moderator und hielt Läufer und Zuschauer bei Stimmung. Aber dazu gleich noch.
Vor dem Lauf haben wir noch Sepp getroffen. Ein guter Laufbekannter, der auch schon im Knast mitgelaufen ist. Ja die Welt der Marathonläufe, bei denen man sich an den Kopf fasst ist klein.
Dann um 11 Uhr wurden wir zur Startlinie geleitet und um 11:05 war endlich mal der Start.
Insgesamt liefen 60 Leute den Marathon, 49 den Halbmarathon und dann gabs noch 28 Staffeln mit je 8 Leuten. Da war schon was los auf der Strecke.
Los gings also auf Teppichboden um die Kurve, vorbei an den jubelnden Zuschauern, rum um den Aufzug und die 200 Meter den Gang hinab.
Ist eigentlich klar, dass es im Treppenhaus zunächst etwas kuschlig wurde. Es bildete sich Stau. Unten wurden wir wieder ausgespuckt, geradeaus, an der Versorgung vorbei, geradeaus, wieder Stau auf dem Treppenhaus nach oben. So, die ersten je 22 Stufen wären geschafft und schon nach 5 Minuten war ich wieder beim Ausgangspunkt und weiter wieder in die Gänge hinein.
Die ersten Runden waren ok, es lief eigentlich ganz gut, aber bis zur Runde 13 wusste ich überhaupt nicht, wieviel Runden ich schon gelaufen bin. Ich hab mich schon nach 3 Runden wohl verzählt. Wurscht.
Ab und zu holte ich mir ein Motivationsküsschen von Kerstin ab, ab und zu blieb ich ein Weilchen stehen und unterhielt mich mit ihr, dann lief ich wieder ein, zwei Runden, bevor es Birnenbrot gab.
Der Markus Othmer hatte schon ziemlich am Anfang einen Narren an mir gefressen.
O-Ton nach 3 Runden.
'Hier sehen wir die Nummer 71, den Charly. Schauen sie sich nur diesen Laufstil an, das ist fast schon filigran, ach was sag ich, das IST filigran. Charly ist für mich ab sofort der persönliche Laufpapst. Auf gehts Zuschauer, feuert meinen Laufpapst alle an mit Riesenapplaus.'
Ich kam mir vor wie im Stadion. Und in der Vorhalle war das ganz schön laut. Lustig.
2 Runden später wieder:
'Da erscheint mein Laufpapst wieder, mit der Nummer 71, der Charly'
Und schon war wieder Jubel. Ja geil. Da freut man sich doch, dass man wieder an den Zuschauern vorbei kommt.
Es wurde immer rechts gelaufen und links überholt. Das klappte sehr gut, weil sich wirklich alle daran gehalten haben. Nur an der Biege des Aufzugs wurde manchmal etwas gerempelt, weil die kurze Bahn die rechte Innenbahn war und jeder wollte möglichst innen laufen.
Nach 15 Runden hab ich angefangen, nach den Treppen Gehpausen zu machen. Das glaubst du nicht, wie man das merkt, die 22 Stufen, wie da der Puls hochgeht.
Also bin ich zunächst 5 Meter gegangen, was aber mit der Zeit immer länger wurde.
Ausserdem fühlte sich der Lauf immer so an, als wäre man letzter, weil man ständig von den schnellen Halbmarathonläufern, den Staffeln und den schnellen Marathonläufern überholt wurde. Gut, ich war ja auch net schnell heute. Ich hab mir überhaupt nix vorgenommen. Keine Uhr, einfach nur im Kreis laufen. Nur hin und wieder guckte ich auf die offizielle Zeitnahme und hatte dann einen Anhaltspunkt.
Nach etwa 20 Runden wurde es endlich mal ein bisschen leerer, die Halbmarathonis kamen nach und nach ins Ziel, das Feld lichtete sich.
Und nach der Hälfte bei Runde 27 hab ich wirklich schon jede Ecke auf den Gängen gesehen, was für Bilder an der Wand hängen, die Urkunden, Gerätschaften und die offziellen Aufpasser von LGA die vor den Treppenhäusern standen, damit man sich nicht verlief.
Auf den Treppen waren auch Matratzen aufgestellt, dass man sich nicht in der Scheibe wieder findet, wenn man eine Stufe übersieht.
Das Geländer fühlte sich von Runde zu Runde immer leckerer an. Klar, wenn 150 Leute sich ständig am Geländer hoch ziehen, dann wirds irgendwann appetitlich. Zweimal ging ich zwischen drin zum Hände waschen.
Die erfahrenen Läufer erkannte man daran, dass sie an der rechten Hand einen Handschuh trugen um sich hoch zu ziehen. Gute Idee.
Apropos Handschuhe. Ich hatte während dem ganzen Lauf eiskalte Hände, weil alle Fenster in den Gängen offen waren. Aber lieber erfroren als erstickt, nicht wahr?.
Nach 40 Runden wurde es wirklich langsam zäh. Nach und nach gruselte es mir vor der Treppe. Nicht schon wieder 22 Stufen nach oben. Aber muss ja, muss ja.
Nett war die Down-Syndrom-Staffel. Da lief eine Betreuerin mit Down-Syndrom Kindern und Jugendlichen. Sie wurde nie müde, ihre Schützlinge zu betreuen und zu motivieren. Das war nett. Und wenn sie sich die Treppe hoch oder runter plagten, wurden sie geduldig von den schnelleren Läufern angefeuert mit 'super, weiter so, Respekt' denn vorbei konnte man ja nicht.
Nach 46 Runden sprach ich einen Läufer an, der gerade ins Ziel kam, ob er denn heute Geburtstag hat. Da schaut der mich an wie ein Auto und fragt mich, woher ich das weiß?
Da war kürzlich ein Bericht in der Allgäuer Zeitung über ihn. Ein Ultratriathlet und krasser Ultraläufer, der seinen Geburtstag 'in einem alten Fabrikgebäude' begeht.
Naja, so alt was das Gebäude nicht, eher sehr neu.
Das hat ihn reichlich erstaunt.
Ich hatte noch 9 Runden zu laufen. Langsam wärs aber auch wieder gut, dachte ich mir. Aber es ist ein Ende abzusehen. Runde um Runde spielte ich den Hamster, die Leute an der Versorgung waren immer super drauf und haben die ganze Zeit geklatscht, die Welle gemacht.
Und der Boden, der naturgemäß nass wird, wenn Wasserbecher geschnappt werden, wurde permanent sofort trocken gewischt. Super organisiert, da sind sich alle einig.
Soooo, noch 5 Runden und die Laufpausen nach dem Treppenhaus haben sich mittlerweile auf 40 Meter ausgedehnt.
Kerstin sah es mir an, dass es langsam reichte. Aber ich komm ja bald in die Hasenarme.
Hin und wieder konnte ich mich unterwegs mit Läufern unterhalten. Man ist ja eine Familie. Gerade zum Schluß zu. 'Und wieviel Runden musst du noch'? Zwei und du? Sechs. Auweia. Aber da müssma durch, bis gleich dann.
Mir war nicht ganz klar, ob ich nun laufen muss, bis die 55 erscheint auf dem Zähler oder ob ich die 55. Runde erst laufen muss. Ich wusste es nicht, ich ging aber davon aus, dass ich auch noch die 55. Runde machen muss.
Also machte ich mich auf den Weg zur letzten Runde, nahm mir auch noch die Zeit, mich bei den Leuten an der Versorgungsstelle herzlich zu bedanken. Das hat ihnen gefallen.
Dann nochmal zum letzten mal die 22 Stufen hoch, 200 Meter geradeaus, 90° Kurve und durch die Zeitmessung gelaufen.
Nach dem Zieleinlauf kam von hinten ein Laufkollege, der meinte, ich hab jetzt wohl eine Runde zu viel gemacht.
Wie jetzt? Echt? Und tatsächlich, ich lief 56 Runden. Also wurde aus der ganzen Sache noch ein Miniultra mit 43 km. Ach, naja, eine Runde mehr oder weniger, ist jetzt auch scho wurscht.
Achso, die Zielzeit. Muss ich das sagen? Na gut. Es war mein langsamster Marathon mit 4:31 den ich alleine gelaufen bin und dazu noch der anstrengendste. Das hätt ich ja nie vermutet, dass das so hart werden würde.
Nach dem Lauf setzte ich mich erstmal auf einen Stuhl, Beine hoch und Kerstin war so lieb und hat mir ein Weizen gebracht.
Danach schnell zum duschen, Beweiseisen überreicht bekommen und noch ein T-Shirt und dann sind wir auch bald nach Hause gefahren.
War schon toll der Marathon. Kerstin fragte mich, ob ich so einen Blödsinn nochmal machen würde. Ich sagte darauf: 'Das darfst du mich heute nicht fragen, jetzt würde ich nein sagen, aber für wie lange?'
11 Kommentare:
Das klingt nach einem ziemlich bekloppten, tollen Abenteuer. ;-)
War schon verrückt Charly, aber noch einmal mache ich das nicht mehr.
War schöne Euch zu treffen, grüße den Hasen von mir.
Die Hilde würd jetzt wieder sagen "Ihr seit doch alle bekloppt, das doch nicht mehr normal was Ihr macht" .... und diesmal muss ich Ihr recht geben :)
Toller Bericht Charly, bin ja gesapnnt welcher Exot als nächstes kommt. Untertage solls noch geben, oder Himelaya.
Es ist bekloppt Anja :)
Aber das passt schon so.
War schön dich auch mal wieder zu treffen Sepp.
Naja, man soll nie nie sagen. Aber der Marathon ist schon sehr kurios. :)
Werner, der Sepp läuft den Untertagemarathon im Dezember. Den tu ich mir bestimmt auch mal an.
Ausserdem will ich auch mal den Elbtunnelmarathon in Hamburg mitmachen. Auch äusserst blöd, aber Kult. Nicht ganz 400 Meter in die eine Richtung der Röhre, 400 Meter zurück. Kommt mir bekannt vor, sind aber keine Treppen dabei :)
Zu deinem neuen Fan muss ich jetzt noch sagen, dass du aber auch WIRKLICH einen ganz tollen Laufstil hast, das hab ich schon immer gefunden. Du federst immer so schön leicht und locker vor dich hin, das sieht echt toll aus - und das auch noch nach 53 Runden, ehrlich :)
Sepp, hat mich auch gefreut, dich endlich mal kennenzulernen :)
Ich weiß net, ich seh mich ja nie laufen :)
Muss ich mal einfach so glauben.
Dem Othmer net, aber dir Hase :)
das ist schon was verrücktes..herr BLAU - verlinkt auf meiner Blogseite läuft da wohl jedes Jahr ...ich finds klasse - wollte schon mal zum HM hin, aber irgendwie hab ich doch zu viel Respekt vor den Stufen ;-)) - um net zu sagen SCHISS
Hallo Charly, GLÜCKWUNSCH!!!!!!!!!!
Daß du bekloppt bist, würde ich mich nie zu sagen trauen :-)))
Was steht denn jetzt noch an? Wenn du doch schon "Laufpapst" bist? Wir (auch der Hasenvater) sind maßlos stolz auf dich, ansonsten: siehe oben!
Dicken Kuß
Hasenmama
Ja dankeschön :)
Natürlich ist man bekloppt, wenn man da mitläuft.
Aber ich wills ja so.
Ja was steht jetzt noch an? Hm, muss ich mir neue Ziele suchen. Gibt bestimmt noch Blödsinn zu laufen.....
.... Wie lang ist denn der Main?
hihi
so was verrücktes ,aber du brauchst das halt ,immer extrem ,weiter so ,Gruß an Kerstin
M
Finde ich sowas von hammerhart! ist so verrückt- das sollte man mal machen! Klasse Sache!
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